A research initiative and archive about the lives and experiences of 1001 Chinese participants who traveled to Kassel, Germany for Ai Weiwei's project "Fairytale" (2007)
Project Overview
In 2007, Chinese artist Ai Weiwei initiated "Fairytale," in which 1001 Mainland Chinese People were invited to Kassel, Germany to view and participate in Documenta 12, a respected European visual art exhibition. The tourists were divided into five groups, each group traveling in succession between June 12th and July 9th 2007. The extraordinary event of 1001 Chinese citizens traveling outside of China, many for the first time, enabled Ai Weiwei and the participants to discuss questions concerning identity, memory, love, dreams and the possibility of cultural dialogue.
In 2011, Ai Weiwei, Hong Kong-based curator Melissa Lam, and Aaron Levy of the Philadelphia-based Slought Foundation, began collaborating on a research project revisiting Fairytale. This work involves translating, archiving, and curating documents that the artist collected over the course of the project, predominantly through a global volunteer network. Our primary materials are participant questionnaires, snapshots, and recorded interviews that Ai Weiwei conducted with the participants. Of particular interest to us are the experiences, memories, and understandings of these participants, who we would like to contact, on the fifth anniversary of the project.
The project will encompass the encounters from Documenta 12 and foreground such issues as the potential for artistic freedom and conducting research in relation to local and global conditions. The complexities of this particular project is derived in part from the sensitivity of the subject matter, which is evidenced on this site as redacted text. We are working on the Fairytale Project with the understanding that the process itself will be reflexively acknowledged and incorporated as it develops. This seems necessary in terms of the significance of the work, and is indicative of the conditions of art, artists, and institutions in the contemporary environment.
Curatorial Overview
"Fairytale" operates both as a word and a concept, and like all of Ai Weiwei's works, instigates meaning on multiple levels. Kassel, Germany is the heart and birthplace of the fairytales authored by the Brothers Grimm. The ability for a laborer, farmer, or villager from the countryside who has never left his province or country to travel on an airplane to another country also acts as a contemporary fairytale. Diaspora, travel, and immigration into a different country allows one access to another realm--or worlding--of imagination. Travel, and by extension translation, does not just signify an out-of-country displacement but also an out-of-culture, out-of-language, and out-of-oneself experience. It deals extensively with pluralistic identities that revolve around issues of ethnicity, home, and homelessness. Diaspora, traveling, and leaving home suggests that home is no longer a closed and familiar place, rather an open system of crossroads. One finds that there is no beginning or end, and also no home to go back to.
In diasporic communities, there is often a desire to return to one's native land before one can begin to feel naturalized in one's new surroundings. This longing for home often acts as an anchor in diasporic, border, and transnational writing as well. For Ai Weiwei, his sojourn of years in the United States and his subsequent return to China because of his father's illness is part of that same narrative.
Central to Fairytale Project (2011-) are the interviews that Ai Weiwei conducted in 2007, in which he asked participants to respond to a series of simple questions. Their answers, as presented on this site, at times assert and interrogate the universality of culture, ethnicity, and society. This project revolves around the translation of these documents and experiences across other languages and cultures. In this way, translation becomes here another form of cultural inscription and exchange.
Projekt-Überblick
2007 hat der Künstler Ai Weiwei das Projekt Fairytale (Märchen) ins Leben gerufen, im Zuge dessen 1001 Chinesen vom chinesischen Festland nach Kassel, Deutschland eingeladen wurden, um an der Dokumenta 12, einer hoch geschätzten europäischen Kunstausstellung, teilzunehmen und diese zu besuchen. Dieses außergewöhnliche Ereignis, das 1001 chinesischen Staatsbürgern erlaubte, vielen von ihnen zum ersten Mal, außerhalb Chinas zu reisen, erlaubte es Ai Weiwei und den Teilnehmenden über Fragen von Identität, Erinnerung, Liebe, Träume und die Möglichkeit eines kulturellen Dialogs zu diskutieren und sich auszutauschen.
2011 haben Ai Weiwei, die in Hong Kong lebende Kuratorin Melissa Lee und Aaron Levy von der Slought Foundation in Philadelphia eine Kollaboration begonnen, die das Fairytale-Projekt wissenschaftlich untersucht. Dieser Prozess beinhaltet die Übersetzung, Archivierung und Kuratierung der im Laufe des Projekts vom Künstler gesammelten Dokumente, die vorwiegend durch Freiwillige eines globalen Netzwerks zusammengetragen wurden. Unser hauptsächliches Material besteht aus Fragebogen von Teilnehmern, Schnappschüssen und Interviews, die Ai Weiwei mit den Teilnehmenden durchgeführt und aufgenommen hat. Für uns sind die Erfahrungen, Erinnerungen und das Selbstverständnis dieser Teilnehmenden von besonderem Interesse, die wir zum 5. Jahrestag des Projekts erreichen möchten.
Das Projekt wird die Begegnungen der Dokumenta 12 zum Thema haben und soll Themen wie die Möglichkeit künstlerischer Freiheit sowie die Möglichkeit der Realisierung von Forschungsvorhaben in Bezug auf lokale und globale Bedingtheiten untersuchen. Die besondere Komplexität dieses Projekts speist sich insbesondere aus dem sensiblen Forschungsgegenstand, das auf dieser Site durch redigierten (zensierten) Text dokumentiert wird. Am Fairtytale-Projekt arbeiten wir in dem Verständnis, dass der Prozess selbst Teil des Projekts ist und als solcher im Laufe des Projekts erkannt und wiederum Teil des Projekts werden wird. Dies scheint im Rahmen der Bedeutung des Werks notwendig, und ist bezeichnend für die Möglichkeitsbedingungen von Kunst, Künstlern und Institutionen der Gegenwart.
Kuratorischer Überblick
"Fairytale" funktioniert sowohl als Begriff als auch als Konzept, und evoziert Bedeutungen auf mehr als einer Ebene. Die Stadt Kassel ist das Herzstück und die Geburtsstadt der Märchen (fairytales), wie sie von den Brüdern Grimm aufgeschrieben wurden. Dass ein einfacher Arbeiter, Bauer, oder Dorfbewohner vom Land, der nie seine Umgebung oder sein Land verlassen hat, die Möglichkeit bekommt, mit einem Flugzeug in ein anderes, fernes Land zu fliegen, funktioniert auch wie ein zeitgenössisches Märchen. Diaspora, Reisen und Immigration in verschiedene Länder ermöglichen einen Zugang zu einer anderen Art – oder Welt – an Imagination. Reisen, und Übersetzung im weiteren Sinne, bedeuten nicht nur ein außer-Landes-Sein, sondern auch ein außer-Kultur-Sein, außer-Sprache-Sein, und ein außer-sich-selbst-Sein an Erfahrung. Es handelt zu großen Teilen von pluralistischen Identitäten, die sich um Konzepte von Ethnizität, Heimat, und Heimatlosigkeit drehen. Diaspora, Reisen und Auswanderung legen nahe, dass das Zuhause und Heimat nicht mehr nur ein geschlossener und vertrauter Raum sind, sondern eher ein offenes System sich kreuzender Wege. Man lernt, dass es keinen Anfang und kein Ende gibt, dass man nicht nach Hause zurückkehren kann, weil es dieses Zuhause, diese Heimat, nicht mehr gibt.
In Gemeinschaften der Diaspora gibt es oft eine Sehnsucht nach der Rückkehr in das jeweilige Ursprungsland, bevor eine Einbürgerung in der neuen Umgebung möglich erscheint. Diese Sehnsucht nach Heimat fungiert oft als eine Art Anker in einem Schreiben über Diaspora, Grenzen und Grenzüberschreibungen. Für Ai Weiwei ist der langjährige Aufenthalt in den USA und seine darauffolgende Rückkehr nach China aufgrund der Krankheit seines Vaters Teil des selben Narrativs.
Die Interviews, die Ai Weiwei 2007 geführt hat und denen er die Teilnehmenden gebeten hat, auf einfach Fragen zu antworten, stehen im Zentrum des Fairytale-Projekts (2011-). Ihre Antworten, so wie sie hier präsentiert werden, bestätigen und hinterfragen die Allgemeingültigkeit von Kultur, Ethnizität und Gesellschaft. Dieses Projekt dreht sich um die Übersetzung dieser Dokumente und Erfahrungen in andere Sprachen und Kulturen. Übersetzung wird hier so zu einer weiteren Form kultureller Einschreibung und kulturellen Austauschs.
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